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Steuerinzidenz
4.1.5.1.2 Allokationsverlust durch eine Steuer
Negative Steuern
D

ass eine Steuer in einem vollkommenen Konkurrenzmarkt einen Schaden herbeiführen muss, liegt auf der Hand: Das Gleichgewicht auf vollkommenen Märkten ist pareto-optimal. Wenn man ein Optimum stört, kann sich die Situation nur verschlechtern - sonst gäbe es einen Komparativ für optimal.

Das bedeutet natürlich nicht, dass Steuern grundsätzlich Schäden anrichten. Ganz im Gegenteil können Sie die Ergebnisse auf nicht funktionierenden Märkten auch verbessern. Das ist z.B. bei negativen Externen Effekten der Fall, wird hier aber zunächst nicht weiter verfolgt.

An dieser Stelle wollen wir ein einfaches Beispiel betrachten, das deutlich machen wird, warum Steuern in funktionierenden Märkten Wolhlfahrt vernichten. Nehmen Sie dazu einfach an, Sie besäßen einen Apfel. Würde Ihnen jemand einen Euro für den Apfel bieten, kämen Sie in Versuchung, ihn zu verkaufen. Ein Euro ist also ihr Vorbehalts- oder Reservationspreis.

Wenn ich Ihnen 1,20 Euro für den Apfel bieten würde, könnten wir ein Geschäft zu beiderseitigem Vorteil machen. Ich würde Ihnen ja nur dann 1,20 Euro bieten, wenn mir der Apfel mehr als 1,20 Euro wert wäre. Sie würden ihn für 1,20 Euro aber gern verkaufen wollen.

Hätte irgendjemand einen Nachteil zu erleiden, wenn Sie mir den Apfel verkaufen würden? Offensichtlich nicht. Aber da Sie und ich einen Vorteil aus dem Geschäft realisieren würden, käme es für die Gesellschaft zu einer Verbesserung Pareto-Kriterium.

Mitdenken
  • Warum lohnt es sich, Zigaretten zu schmuggeln?
  • Nehmen Sie an, bei unseren Apfelgeschäften ginge es nicht um Beträge in der Größenordnung von einem, sondern von einer Million Euro. Was bestimmt, ob wir diese Geschäfte im In- oder im Ausland abwickeln?

Nehmen wir an, meine Zahlungsbereitschaft für den Apfel läge bei 1,30 Euro. Dann hätten Sie als Verkäufer bei einem Preis von 1,20 Euro 0,20 Euro Produzentenrente und ich 0,10 Euro Konsumentenrente realisiert.

Wenn wir diese beiden Gewinne (0,20 und 0,10 Euro) addieren, finden wir die maximal denkbare Steuer auf dieses Geschäft, bei der wir es gerade noch so hätten realisieren können. Hätte der Staat eine Steuer erhoben, die auch nur einen Cent darüber liegt, wäre das Apfel-Geschäft nicht zustande gekommen (unterstellt, wir sind ehrliche Bürger und wickeln das Geschäft nicht schwarz ab). Selbst wenn ich an die Grenze meiner Zahlungsbereitschaft von 1,30 Euro gegangen wäre, nach Abzug einer Steuer in Höhe von 31 Cent wären Ihnen für den Apfel nur 99 Cent geblieben. Unter einem Euro hätten Sie ihn aber nicht verkauft.

Auch wenn es vollkommen unrealistisch ist, nehmen Sie bitte an, jedes Mal, wenn ein Apfel verkauft wird, werfen die Konsumenten später den Griepsch einfach in die Landschaft. Da die Bürger die Verschandelung der Landschaft missbilligen, beschäftigt der Staat Griepschaufsammler. Im Schnitt entstehen Kosten in Höhe 50 Cent für das Aufsammeln eines Kerngehäuses.

Wie ist die Apfelgeschäftesteuer vor diesem Hintergrund einzuschätzen? Wägen Sie Nutzen und Kosten der Steuer ab.

Nennen Sie einige Beispiele, die im Unterschied zum Apfelbeispiel Sinn machen würden.

Wie man hier noch einmal sieht, ist es auch vollkommen egal, wer von uns die Steuer an den Staat abzuführen hätte. Denn wenn ich die Steuer abführen müsste, würde ich Ihnen ja maximal 99 Cent für den Apfel bieten. Sie würden für 99 Cent aber nicht verkaufen.

Die Steuer verhindert also ein Geschäft, das für uns beide von Vorteil gewesen wäre. Bei Ihnen als Anbieter vernichtet sie Produzentenrente, bei mir als Nachfrager Konsumentenrente. Die Summe aus beiden ist der Wohlfahrtsverlust oder Allokationsverlust (neudeutsch auch "dead-weight loss" oder "excess burden"). Etwas allgemeiner formuliert kann man sagen, der Wohlfahrtsverlust entspricht den durch eine Marktstörung im Vergleich zum vollkommenen Konkurrenzmarkt verlorenen Beträgen an Renten der beteiligten Marktparteien.

Durch die Besteuerung der Apfelgeschäfte werden natürlich nicht alle Transaktionen unterbunden. Alle Verkäufe, bei denen die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager die Reservationspreise der Anbieter um mehr als den Steuerbetrag übersteigt, finden statt. Hätte meine Zahlungsbereitschaft für Ihren Apfel 1,50 Euro betragen, hätten wir beide auch nach Abzug der Steuer von 31 Cent noch einen Vorteil realisieren können. Er wäre eben nur nicht so groß gewesen wie ohne die Steuer.

Der Staat schöpft durch die Steuer also Produzentenrente und Konsumentenrente. Man könnte auch sagen, er wandelt zum einen Gewinne der Anbieter in Steuereinnahmen um, zum anderen nutzt er auf der Nachfrageseite den Umstand aus, dass die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten den Preis übersteigt.

Gegen eine reine Umwandlung von Produzenten- und Konsumentenrente in Steuereinnahmen wäre wenig vorzubringen, denn es handelt sich ja nur um eine Umverteilung. Aber wie wir gerade gesehen haben, klappt das nicht kostenlos. Die Kosten sind der Wohlfahrtsverlust, der dadurch entsteht, dass der Staat einen Keil zwischen Angebot und Nachfrage treibt und damit vorteilhafte Geschäfte verhindert. Die maussensitive Abbildung 1 zeigt die relevanten Größen im Angebots-Nachfrage-Diagramm.

Abbildung 1
Klicken Sie die Schaltflächen im Text für die entsprechende Illustration.

[Abbildung 1] Durch die Steuer AB kommt es zu einem Mengenrückgang im Umfang von GC, da diese Transaktionen den Tauschpartnern keine Vorteile mehr verschaffen können. Die aus der besteuerten Menge DG generierte Steuereinnahme war in der Ausgangssituation Konsumenten- und Produzentenrente. Die Steuer verursacht Kosten in Höhe der Fläche ABC (Allokationsverlust).

Damit wissen wir nun, dass die Kosten einer Steuer die verhinderten Erträge sind, die Anbieter und Nachfrager aus den Transaktionen realisiert hätten, die sie ohne die Steuer zu beiderseitigem Vorteil hätten durchführen können. Natürlich gibt es daneben auch direkte Kosten der Steuererhebung, z.B. die Bezüge der Finanzbeamten. Da wir in unserer Modellwelt von solchen Transaktionskosten absehen, interessieren uns hier aber die indirekten Kosten der Steuer mehr. Sie werden um so größer ausfallen, je stärker die Steuer das Handelsvolumen sinken lässt (in der Abbildung GC). Wie elastisch die Menge auf dilvgiert, ist abhängig den Elastizitäten der Angebots- und Nachfragefunktion.

Bedenken Sie das unsere transaktionskostenfreie Modellwelt leicht den Blick auf weitere Kosten der Besteuerung versperrt: die Kosten der Entrichtung (bekommen Sie spätestens am eigenen Leib zu spüren, wenn Sie eine Steuererklärung abgeben) und die Kosten der Erhebung.

Eine Steuer richtet also in solchen Märkten vergleichsweise wenig Schaden an, in denen die Nachfrage recht unelastisch reagiert.

Wenn die Nachfrage vollkommen unelastisch ist, können die Anbieter die Steuerlast voll auf die Nachfrager überwälzen. Es kommt nicht zu einem Mengenrückgang und es entsteht somit kein Allokationsverlust. Die Steuer schadet in diesem speziellen Fall den Konsumenten, aber nicht der Gesellschaft insgesamt, da die Steuer bei einer vollkommen unelastischen Nachfrage nur distributionelle Wirkungen zeigt. Zur Erinnerung: Güter, die unelastisch nachgefragt werden, sind Güter für die es keine oder nur entfernte Substitute gibt, es sind Güter, auf die die Konsumenten angewiesen sind: Tabak, Alkohol, Mineralöl, Strom.

Eine Besteuerung solcher unelastisch nachgefragten Güter bietet aus der Perspektive des Finanzministers* weitere Vorteile:

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